Deutschland streicht Menschenrechte: Wie die Bundesregierung Schutzsuchende bewusst in die Enge treibt

Bundestag (über Umkreisel)
Bundestag (über Umkreisel)

Deutschland erlebt einen Tabubruch – leise, technokratisch verpackt, aber mit dramatischen Folgen: Schutzsuchenden, deren Asylverfahren formal in einem anderen EU-Staat geführt werden müsste, sollen künftig die staatlichen Leistungen gestrichen werden. Kein Geld. Keine Unterkunft. Keine medizinische Versorgung. Ein sozialer Kahlschlag, der Menschen in existenzieller Not bewusst in die Enge treibt.

Es ist eine Entscheidung, die nicht nur Härte demonstriert, sondern Härte zur Methode erhebt. Und deshalb steht Deutschland nun erstmals in seiner Geschichte vor einem Verfahren der Vereinten Nationen wegen Verletzung sozialer Rechte. Ein Armutszeugnis für ein Land, das sich so gern als moralische Instanz inszeniert.

Menschenwürde als variable Größe?

Die politische Logik hinter diesen Kürzungen ist so durchsichtig wie gefährlich: Härte nach außen, Entlastung der Kommunen, Signale an ein verunsichertes Publikum. Doch am Ende zahlen jene den Preis, die am wenigsten Verantwortung für die politische Gemengelage tragen.

Man kann über europäische Zuständigkeiten streiten – über Dublin-Verfahren, über Verwaltungsprozesse. Aber Menschen in Deutschland auf die Straße zu setzen, weil ihre Akte formal woanders liegt, ist keine Verwaltungspraxis. Es ist eine politische Entscheidung. Und sie stellt die Frage: Gilt die Menschenwürde hierzulande noch universell – oder nur, solange es politisch nicht weh tut?

Der Preis des Populismus

Wenn ein Staat beginnt, seine moralischen Grundpfeiler zu relativieren, dann nicht über Nacht, sondern in kleinen Schritten. Genau darin liegt die Gefahr: Erst trifft es jene, die sich kaum wehren können. Dann diejenigen, die man für politisch „entbehrlich“ hält. Die Verschiebung der Grenzen des Sagbaren ist längst dokumentiert. Nun beginnt offenbar die Verschiebung der Grenzen des Zumutbaren.

Mit solchen Maßnahmen versucht die Politik, Handlungsfähigkeit zu demonstrieren – in Wirklichkeit aber dem Narrativ der Menschenverachtung nachzugeben, das seit Jahren von extremistischen Kräften vorgezeichnet wird.

Die Vereinten Nationen mahnen – und Deutschland schweigt

Dass nun die UN einschreiten müssen, sagt viel über die innenpolitische Verrohung und wenig über angebliche „Notwendigkeiten“. Die Bundesregierung ignoriert eine Aufforderung des zuständigen UN-Ausschusses – ein diplomatisches Armutszeugnis. Ein Land, das bei jeder Gelegenheit Menschenrechte einfordert, darf sich nicht wundern, wenn seine Glaubwürdigkeit schwindet, sobald es um Schutzbedürftige im eigenen Hoheitsgebiet geht.

Worum es eigentlich geht

Es geht nicht um Geld. Nicht um Zuständigkeiten. Nicht um Bürokratie. Es geht darum, ob ein reiches Land wie Deutschland zulässt, dass Menschen hungern, frieren, leiden – aus Kalkül.

Diese Entscheidung sendet ein verheerendes Signal: Menschenrechte sind verhandelbar. Die Schwächsten sind politisches Material. Eine Demokratie, die das zulässt, beschädigt sich selbst.

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